23.11.2018 – Jugendgerichtshilfe in der Kritik

Der Jugendgerichtshilfe kommt gem. § 38 Jugendgerichtsgesetz folgende Aufgaben zu.
„(1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt.
(2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. In Haftsachen berichten sie beschleunigt über das Ergebnis ihrer Nachforschungen. In die Hauptverhandlung soll der Vertreter der Jugendgerichtshilfe entsandt werden, der die Nachforschungen angestellt hat. Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, dass der Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen teilen sie dem Richter mit. Im Fall der Unterstellung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 üben sie die Betreuung und Aufsicht aus, wenn der Richter nicht eine andere Person damit betraut. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an.
(3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören; kommt eine Betreuungsweisung in Betracht, sollen sie sich auch dazu äußern, wer als Betreuungshelfer bestellt werden soll.“
Nun ließ das Jugendamt der Stadt Hamm mit Schreiben vom 08.10.2018 das Amtsgericht Hamm und die Staatsanwaltschaft Dortmund u.a. folgendes wissen:
in der Jugendgerichtshilfe Hamm kommt es seit einigen Wochen und noch für unbestimmte Zeit aufgrund einer längerfristigen Erkrankung eines Kollegen zu Personalengpässen……..
Leider können in den nächsten Wochen nicht mehr alle Aufgaben vollumfänglich bewältigt werden. Betroffen ist der Bezirk Hamm-Westen, Pelkum, Herringen……..
Aufgrund der begrenzten Kapazität können jedoch Anklagebearbeitung und Teilnahme an Hauptverhandlungsterminen für Fälle aus dem oben genannten Bezirk nicht mehr erfolgen………“
Zwar hat das Jugendamt der Stadt Hamm inzwischen mit Schreiben vom 21.11.2018 dem Amtsgericht Hamm und der Staatsanwaltschaft Dortmund mitgeteilt, dass nun wieder alle Aufgaben vollumfänglich wahrgenommen werden, doch ergeben sich nun noch folgende Fragen:

  1. Wie lange bestanden die Personalengpässe?
  2. Seit wann war dies der Leitungsebene, Dezernat und Fachbereich, bekannt? Erfolgte die Mitteilung an das Amtsgericht Hamm und die Staatsanwaltschaft Dortmund mit Kenntnis und im Auftrag der Leitungsebene, Dezernat und Fachbereich?
  3. Sind diese Personalengpässe für die Zukunft beseitigt? Wenn ja durch welche Maßnahme? Wenn nein, warum nicht?
  4. Mit welchem Personalschlüssel arbeitet die Jugendgerichtshilfe in Hamm? Wie viele Fälle konkret bearbeiten die Mitarbeiter.
  5. Warum führt der Ausfall eines Mitarbeiters zur fast vollständigen Einstellung der Tätigkeit in dessen Bezirk?
  6. Wie viele Verfahren am Amtsgericht Hamm, den umliegenden Amtsgerichten und dem Landgericht Dortmund blieben in den Jahren 2015 – 2018 unbegleitet? Aus welchen Gründen?
  7. Wie viele Jugendliche und Heranwachsende erhielten in diesem Zeitraum keine Begleitung durch die Jugendgerichtshilfe Hamm in Fällen, in denen die Begleitung durch die Jugendgerichtshilfe vorgesehen war.
  8. Werden von der Jugendgerichtshilfe auch die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben des Betreuungshelfers wahrgenommen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht?
  9. Welcher Stellenschlüssel ist für die Aufgabe des Betreuungshelfers vorgesehen?