09.09.2019 – Besorgniserregendes Déjà-vu beim Einzelhandelskonzept

Fahrräder, Fahrradteile und –zubehör sollen laut fortgeschriebenem Einzelhandelskonzept nicht mehr als zentrenrelevantes Sortiment eingestuft werden. Die Gutachter des Konzepts erhoffen sich dadurch ein vereinfachtes Ansiedlungsverfahren für großflächige Fahrrad-Outlets wie Decathlon oder andere Großanbieter in Hamm. Für Siegbert Künzel, GRÜNES Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, ein besorgniserregendes Déjà-vu. Mit der Herausnahme von Bettwaren, Heimtextilien und anderen Warengruppen aus der Hammer Liste für zentrenrelevante Sortimente wurde schon 2010 perspektivisch die Ansiedlung von Möbel-Finke vorbereitet.
Nun droht auch den elf in Hamm etablierten Fahrradhändlern ein ähnliches Schicksal, befürchtet Künzel. Die lokalen Fahrradhändler liegen alle in integrierten Lagen in der Innenstadt, den Stadtteilzentren oder sogenannten Ergänzungsstandorten, sind schnell erreichbar und bestechen durch Kompetenz, hervorragende Beratung und guten Kundenservice. Sie sind allerdings auch auf den Verkauf von (hochwertigen) Fahrrädern und Fahrradzubehör angewiesen. „Alleine von der Reparatur können die Hammer Fahrradhändler nicht überleben!“ so Künzel. Und genau hier befürchtet er mittelfristig gefährliche Konkurrenz durch großflächige Anbieter.
Der Gutachter argumentiert nämlich, dass ein zunehmender Flächenbedarf im Fahrrad-Facheinzelhandel zu beobachten sei. 2.000 m² Verkaufsfläche und mehr seien in den städtischen Oberzentren keine Seltenheit mehr für Fahrradoutlets, teilweise mit eigener In-Door-Versuchsstrecke. Und solche Flächen gibt es in Hamm nicht in den zentralen Lagen. Die Einordnung als nicht-zentrenrelevantes Sortiment hätte, so der Gutachter, den Vorteil, großflächige Einzelhandelsansiedlungen oder Verlagerungen planerisch leichter umzusetzen – auch an nicht-integrierten Standorten.
Die Gefahr, so Künzel, liegt darin, dass potentielle Kunden ihre Fahrräder im Outlet kaufen und für die lokalen Fahrradhändler nur noch die Krumen – sprich die Wartung und Reparatur – übrig bleiben. „Die hervorragende Beratung und der Service in relativer Wohnortnähe durch die Hammer Fahrradhändler stehen damit mittelfristig zur Disposition“, so der GRÜNE Politiker. Die gut funktionierende Versorgungsinfrastruktur würde so zerschlagen. „Mit einem kaputten Fahrrad muss ich auch ohne Auto die nächste Fahrradwerkstatt erreichen können!“ plädiert Künzel für die Beibehaltung der bisherigen Regelung.
Für ihn ist es anachronistisch, dass „Ton- und Bildträger“ als zentrenrelevant eingestuft werden, obwohl diese Angebote durch die „Streaming Dienste“ oder Online-Händler kaum noch eine Rolle im Hammer Einzelhandel spielen und nur noch rudimentär angeboten werden.