Vor 35 Jahren: Tschernobyl-GAU und Störfall im THTR Hamm

Im Jahr 1986 fand nicht nur in Tschernobyl der verheerende GAU in der Ukraine statt, sondern zeitgleich ein Störfall im gerade in Betrieb genommenen Thorium Hochtemperatur Reaktor (THTR) in Hamm-Uentrop. Mehrere Bürgerinitiativen haben deshalb zu einer corona-konformen und genehmigten Fahrraddemonstration aufgerufen, um auch nach 35 Jahren an dieses Datum und Ereignisse in Hamm zu erinnern. Neben Atomkraftgegnern aus Hamm nahmen auch Gruppen aus Ahlen und Beckum teil.

Die Betreiber des THTR versuchten 1986, den Störfall zu vertuschen und stritten ab, dass die in Hamm gemessene Radioaktivität aus dem Hammer Reaktor kam. Während der überlangen Bauphase und den Inbetriebnahmeversuchen traten immer wieder Probleme und Pannen auf. Der Störfall 1986 war darauf zurückzuführen, dass radioaktive Kugelbrennelemente sich im Rohrsystem des Reaktors verklemmt hatten. Bei dem Versuch sie freizublasen, wurden sie zerstört und teilweise als Staub hinausbefördert, was zu einer erhöhten Strahlenbelastung in der Umgebung führte.

Es kam in den folgenden Jahren zu vielen Massendemonstrationen, Aktionen des zivilen Ungehorsams und Blockaden am THTR, die zusammen mit weiteren Störfällen, Inbetriebnahmeproblemen und enormen Kostensteigerungen 1989 zur Stilllegung führten.

Der THTR als wichtiger Baustein der Generation IV-Reaktoren wird von der Atomindustrie weltweit trotz der schlechten Erfahrungen in Hamm immer noch als besonders sicher propagiert. Die bevorstehende Inbetriebnahme des HTR in China wird seit vielen Jahren verkündet, aber Probleme beim Bau führen auch hier zu erheblichen Verzögerungen. Beim THTR in Hamm ist zur Zeit nicht bekannt, ob und wann ein jahrzehntelang dauernder Rückbau stattfinden wird. Die 600.000 radioaktiven Brennelemente des THTR lagern immer noch in Ahaus in einer Lagerhalle, ein Endlager ist nicht in Sicht. Das Kapitel „Folgen der Atomkraft“ ist in Hamm noch lange nicht abgeschlossen.

Am Parkplatz vor dem RWE-Kraftwerk trafen sich gut 80 Atomkraftwerksgegner*innen. Benigna Grüneberg erinnerte an die damalige teils verharmlosende Berichterstattung und die Ängste in der Bevölkerung. Werner Jäger-Kersting von der BI Umweltschutz Hamm gab einen Überblick über die Geschichte des THTR und des langjährigen Widerstands. Martin Kesztyüs, GRÜNER Bundestagskandidat für Hamm, beschrieb seine Erfahrungen aus Sicht eines damals 6-Jährigen. Und viele Teilnehmer*innen nutzten das Wiedersehen zum Erinnerungsaustausch und ließen viele Aktionen noch einmal Revue passieren.