Tempo 30 statt Überholverbot für einspurige Fahrzeuge auf dem Nordenstiftsweg

Der Nordenstiftsweg wird von vielen Radfahrenden aus dem Hammer Norden für den Weg in die Innenstadt benutzt. Problematisch ist dabei der Bereich zwischen den Eisenbahnbrücken, da der Weg unter den Brücken schmal und teilweise unübersichtlich ist. Als Radfahrer habe ich immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich dort unterwegs bin. Die Situation ist vor allem dann unangenehm, wenn der Gegenverkehr den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 m beim Überholen nicht zulässt. Nicht alle Autofahrer warten dann, bis regelgerechtes Überholen möglich ist und fahren beängstigend nah vorbei. Anderen Radfahrenden, auch den Schülerinnen und Schülern auf dem Weg zur Schule, geht das sicherlich ähnlich, viele fahren daher lieber auf dem Gehweg, um nicht in Konflikt mit Autofahrern zu geraten.

Um die Situation für Radfahrende zu entschärfen, haben die Grünen in der Bezirksvertretung einen Antrag gestellt, auf dem Abschnitt zwischen den Brücken Tempo 30 einzurichten. Die Verwaltung hat diesen Antrag wie viele ähnlich gestellte Anträge in Hamm mit der Begründung abgelehnt, dass im Nordenstiftsweg laut Angaben der Polizei kein Unfallschwerpunkt vorliegt. Es wird dann darauf verwiesen, dass die Verwaltungsvorschriften Tempo 30 in der Regel nur dann zulassen, wenn im unmittelbaren Bereich Kindergärten, Schulen oder Altenheime liegen. Da das im Nordenstiftsweg nicht der Fall ist, wird der Antrag abgelehnt.

Dabei werden Verwaltungsvorschriften von der Stadt sehr einseitig zugunsten des Autoverkehrs ausgelegt. Die StVO wurde 2017 geändert und hat den Kommunen mehr Möglichkeiten zur Einrichtung streckenbezogener Temporeduzierungen gegeben. Dort heißt es in §45, dass die Straßenverkehrsbehörden »insbesondere in [..] Gebieten mit hoher Fuß- und Radverkehrsdichte […] Tempo-30-Zonen an[ordnen]« kann. Aber wenn es schwierig wird, entscheidet die Verwaltung der Stadt Hamm fast immer gegen eine Beschränkung der Geschwindigkeit, obwohl der Oberbürgermeister auf seinen Neujahrsansprachen das erklärte Ziel formuliert hat, den Fahrradverkehr in Hamm zu stärken.

Da aber für den Nordenstiftsweg offensichtlich Handlungsbedarf besteht, hat die Stadtverwaltung jetzt das seit der letzten Novellierung der StVO 2020 neu geschaffene Verkehrszeichen „Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen“ montiert. Viel mehr Unsinn kann man eigentlich nicht machen. Ich habe es seit der Montage der Schilder nicht erlebt, dass sich jemand an das Verbot gehalten hätte. Viele Autofahrer übersehen das Schild oder kennen dessen Bedeutung überhaupt nicht. Und wenn ich mich in die Rolle eines Autofahrers versetzen würde, wäre ich total genervt, wenn ich 300 m einem Radfahrer mit 15 km/h hinterherfahren sollte, obwohl ohne Gegenverkehr in ausreichendem Abstand überholen möglich wäre. Als Radfahrer wäre ich ebenfalls verunsichert, wenn mir die gesamte Strecke ein Autofahrer am Schutzblech hängt und ungeduldig darauf wartet, dass ich nach der letzten Brücke auf den (nicht benutzungspflichtigen) Radweg fahre bzw. das Überholverbot aufgehoben wird. Von einer Entschärfung der Gefahrensituation kann keine Rede sein.

Was diese Maßnahme soll, erschließt sich mir nicht. Es zeigt allenfalls, wie wenig die Stadtverwaltung und die Hammer CDU, auf deren Antrag die Schilder montiert wurden, von Radverkehrsplanung verstehen. Die einzig geeignete Maßnahme für diesen Bereich ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h.

Dieser Beitrag ist ein Leserbrief von Walter Hupfeld an den WA, den wir mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlichen. Er spricht uns aus der Seele!

Quelle: Walter Hupfeld  https://radwege-hamm.de/wp/ueberholverbot-